09.-10.Mai.2021

Völlig untertrainiert, aber mit festem Willen es zu schaffen kam mir wieder einmal eine Idee. Ohne Druck was die Tageskilometer angeht, einfach mal den ganzen Tag radeln.

Eigentlich wollte ich beim Hanse-Gravel mitmachen, welches in Hamburg startet, was auf dem Hanseatenweg an der Ostsee entlang bis Stettin führte. Von Stettin aus wollte ich weiter den Oder-Neiße-Radweg radeln bis zur Elbquelle und über den Erzgebirgskamm zurück nach Hause. Dafür hatte ich mir 12 Tage eingeplant. Natürlich durchkreuzte Corona mal wieder den Plan. Also musste Plan B her. Es wurde diese Brocken-Aktion, für welche ich mir 3 Tage ins Auge gefasst hatte und das ganze mit zwei Übernachtungen im Freien. Für mich war das eine ganz neu Erfahrung, Alleine, mit Übernachtung Draußen, schaffe ich die Strecke, finde ich einen Schlafplatz, was ist mit Tieren im Wald und werde ich das alles überhaupt bewältigen? Ja, man (Frau) kann das, einfach mal machen. Am Ende sind 2 Tage daraus geworden, mit vielen tollen Eindrücken und noch mehr Erinnerungen. 

 

Die Vorbereitung

Wie kann ich das nur ausdrücken ohne naiv zu wirken. Ja eigentlich garnicht, viel Vorbereitungs Kilometer gab es nicht. Durch Corona hat sich ein großen Motivationstief breit gemacht und durch die Absage des Hanse-Gravels ist es nicht besser geworden. Also belief sich die Vorbereitung auf etwas zwiften. Das einzige was gut trainiert war, war mein linker Maus-Finger. Was man alles so einkaufen muss…

Das Equipment

Gerade das Thema die richtige Tasche finden ist eine schier unlösbare Sache. Ich wusste, ich brauche eine Arschrakete, eine Rahmen- u. Oberrohrtasche und was an den Lenker. 

Arschrakete (Vaude Trailsaddle) hatte ich bereits im Zuge des Stoneman Dolomiti und meiner Flusstour gekauft und für absolut tauglich empfunden. Also entschied ich mich bei der Marke zu bleiben und auch das gleiche System für Vorn zu erwerben. Dann braucht man noch diese kleinen, runden Essensbeutel, die man links und rechts neben den Vorbau packt. Habe ich bei Decathlon gefunden und die Oberrohrtasche fand sich bereits in meiner Sammlung.

Schlafsack, Isomatte, Gaskocher, also das Zeug zum überleben da Draußen, bedarf einiger Internetsuche. Schlafsack am besten Daune, uff teuer. Isomatte sollte einen guten R-Wert haben, also wie gut die Isomatte die Kälte vom Boden isoliert, uff schon wieder teuer. Am besten noch einen Biwakschlafsack, das der Daunenschlafsack nicht nass wird. Naja, m Ende habe ich mich für erschwingliches entschieden, muss ja erst mal sehen ob Outdoor überhaupt was für mich ist. 

Hat man diese Herausforderung gemeistert, kommt die nächste. Ja man kann schmunzeln drüber, aber die Taschen ordentlich befüllen und am geliebten Fahrrad sicher anzubringen, kann ganz schön kniffelig sein. Auf jeden Fall den Rahmen ordentlich abkleben um Scheuerstellen zu vermeiden. Für diese Tour hat es Panzertape und normales Klebeband getan. Dann die Taschen reinfriemeln ohne das etwas schleift, Kabel eingequetscht werden und der Lenker sich noch bewegen lässt und irgendwann kann es dann auch losgehen.

Los geht’s

Früh beizeiten, um 6 Uhr saßen wir im Sattel. Mein Freund begleitete mich ein kleines Stück. Kurz nach Treuen verabschiedete er mich und sprach mir noch Mut zu.

Ab da an war ich alleine unterwegs und schrubbte Kilometer um Kilometer. So war Zeulenroda und Jena zügig erreicht. Aus Jena ging es dann straff den Berg hoch hinaus. Oh man 20kg Fahrrad, 13% hochkurbeln ist übel und dann kam auch noch die Sonne.

In Weimar habe ich dann die erste lange Pause gemacht. Ich hätte schon viel eher Pause machen sollen und nicht erst bei über 100km, die Speicher waren leer. Nun aber alles überschüssige an Klamotten runter, Essen, Trinken und vor allem Sonnencreme reichlich auftragen und weiter auf den Bock.

Etliche Kilometer später war der Kyffhäuser zu sehen. Einmal links rum und schon war der Harz da.

Nur noch bissel bergauf.

Mittlerweile war abzusehen das ich es nicht bis hoch zum Brocken schaffe, was aber absolut kein Problem darstellen, bin ja echt weit gekommen…

Der Anblick des Harzes verlieh mir neue Kräfte und die Motivation war zurück. Immer wieder konnte ich den Brocken ganz klein in der Ferne sehe und der Tag neigte sich dem Ende zu. 

Ach du heimatland, da war doch noch etwas mit Schlafplatz finden. Etwas Panik kam in mir hoch. Ich hatte zwar auf Komoot schon einige Schutzhütten mir rausgesucht, die auf dem Anstieg zum Brocken lagen, aber so toll sahen die nicht aus. Aso jedenfalls für die aller erste Nacht in der Wildnis.

In Schierke angekommen hielt ich die Augen offen, eine kleine Hütte/Bushäusl sah ganz gut aus aber irgendwie fühlte ich mich doch nicht so wohl, also fuhr ich weiter. Genau richtig entschieden, eine super tolle Behausung, mit Sitzbank, Licht und Windgeschützt, ein Traum 😍 Im Nachhinein stellte sich heraus, dass es das Ranger Haus des Nationalparks war. Ein absoluter Volltreffer.

Nur noch schnell Katzenwäsche mit Feuchttüchern, Bettchen herrichten und den Gaskocher für das Nudelgericht aktivieren.

Erstaunlicherweise bin ich super schnell eingeschlafen obwohl jedes Geräusch anfangs mich aufschrecken lies. 

Für meine erste Nacht Draußen, im Wald, mit Tieren und komischen Geräuschen könnt ich wirklich gut schlafen. Allerdings bin ich gefühlt alle halbe Stunde aufgewacht, da so eine günstige Isomatte Komfort nicht gerade groß schreibt. Ständig tut was anderes weh, die Arme schlafen ein und mein Lendenbereich fühlte sich auch nicht gut an. Da macht sich mein Alter dann doch bemerkbar.

So gegen halb 4 Uhr hörte ich Stimmen. Stirnlampen kamen auf mich zu, nun wird was schlimmes passieren dachte ich mir. Nur nicht bewegen. Entwarnung, es war eine kleine Wandergruppe die zum Sonnenaufgang auf dem Brocken sein wollte.

Endgültig geweckt wurde ich durch ein durchdringendes schreien eines Tieres in unmittelbarer Nähe. Uhhh war das gruselig. Nach langem hin und her konnte es nur ein Fuchs gewesen sein.

Nun erst mal beruhigen und irgendwie aus dem Schlafsack befreien.

Nachdem ich dann alles wieder verstaut hatte und meinen Haferbrei in mich gemampft habe, kletterte ich die knappen 9km den Brocken hoch. Aus der Kalten, mit dem 20kg Rad war das schon mal ein guter Einstieg für heute. Oben angekommen, was für ein Rundumblick – Traumhaft 😍

Foto hier, Video da, nun aber die Heimreise antreten.

Der Landschaft wegen habe ich die Tour durch den Harz geplant, es war wirklich schön nur die Hügel hoch, Hügel runter und wieder hoch haben mich wirklich fertig gemacht. Der Ritt von gestern, die nicht ganz so erholsame Nacht hinterließen so ihre Spuren. Ich kam ich nur sehr, sehr langsam voran und die Motivation ließ deutlich nach.

Rappbodetalsperre

Nun stellte sich auch noch starke Müdigkeit ein, ein Powernap musste her. Es half etwas und das Kurbeln konnte weiter gehen.

Endlich konnte ich die Weinberge rund um

Naumburg sehen, die Unstrut und Saale entlang.

Was für eine schöne Gegend und nun lief es fast wie von alleine.

Kurz zuvor musste das 2. Powernap her, mir sind einfach die Augen zugefallen. Mitten in einem kleinen Dorf, direkt am zentralen Dorfteich ließ ich quasi das Fahrrad fallen und legte mich ins Gras.

Mit wiederkehrender Kraft rollte es sich viel besser.

Eigentlich wollte ich noch mal übernachten und den Rest am nächsten Tag heim radeln, aber die Zeit ran dahin, eine Schlafgelegenheit konnte ich nicht finden und so war der Entschluss  doch noch die 60km heim zu radeln gefasst 🙈

Die letzten Stunde waren also eine Nachtfahrt.

Glücklich und erschöpft wurde ich von Andi gegen 1 Uhr in der Nacht empfangen. Dank dem GPX-Tracker den ich dabei hatte, hatte er immer ein Auge auf mich..

Es waren zwei fordernde Tage, mit Höhen und Tiefen und toller Landschaft…

Bin so froh, dieses Abenteuer gewagt zu haben.

Frau kann doch mehr als sie sich zutraut, einfach machen, es wird schon werden!

Der letzte wohl verdiente Schluck Vita Cola

Tour-Zusammenfassung

  • Tag1 – 245km || 2800Hm || Fahrzeit 16h 15min
  • Tag2 – 285km || 3060Hm || Fahrzeit 19h 35min

Brocken 500 – Mein erstes „Ultra-Outdoor-Bikepacking-Abenteuer“

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